Urbane Energiesysteme: Nachhaltige Infrastruktur für die Elektromobilität
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29. Juli 2018Ein Auto der gehobenen Kategorie nutzt für seinen Betrieb rund 4.000 unterschiedliche Daten über das Fahrzeug und seine Umgebung – von der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit über den genauen Standort bis zur Krafteinwirkung auf die Stoßdämpfer. Diese Daten werden bislang weder gespeichert noch der Außenwelt bereitgestellt. Um die Fahrzeugdaten für neue Dienstleistungen zugänglich zu machen, entwickelt das ATB Institut für angewandte Systemtechnik Bremen gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft neue Geschäftsmodelle und Technologien.
Denkbar – und teilweise bereits in Vorbereitung – sind beispielsweise äußerst kleinräumige Wettervorhersagen, z.B. für die Landwirtschaft oder lokale Unwetterprognosen, eine flächendeckende Überwachung von Schadstoffbelastungen oder die automatische Meldung von Schlaglöchern. Der Kreativität sind hierbei kaum Grenzen gesetzt und der Zugang zu Fahrzeugdaten ist laut ATB für zahlreiche Unternehmen, Organisationen oder Behörden interessant. „Die vielen Sensoren im Auto liefern Daten, die mit Informationen aus anderen Quellen kombiniert werden können, um einen ganz neuen Nutzen zu erzeugen“, betont ATB-Geschäftsführer Daniel Obreiter.
Kooperation europäischer Automobilhersteller
Das Institut verfolgt die Vision eines herstellerunabhängigen, missbrauchssicheren „Big-Data-Marktplatzes“ im Rahmen verschiedener Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Das wichtigste Fundament wurde jetzt im EU-Projekt „AutoMat“ (Automotive Big Data Marketplace for Innovative Cross-sectorial Vehicle Data Services) gelegt, an dem sich unter anderem die Hersteller VW, Renault und Fiat beteiligten.
Zunächst musste ein herstellerunabhängiges Datenmodell entwickelt werden, das eine standardisierte Bereitstellung von Fahrzeugdaten ermöglicht. Parallel schuf Atos, ein international tätiger IT-Konzern, einen Daten-Marktplatz („Big-Data-Marktplatz“), der den einfachen Zugang zu großen Mengen von Fahrzeugdaten verschiedener Hersteller über eine einheitliche Schnittstelle ermöglicht. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt war die Frage, welche Daten gesammelt und übertragen werden sollen. Die Gesamtheit der in einem Fahrzeug anfallenden Daten kann mit den heutigen Technologien nicht übertragen werden, denn die Datenübertragung per Mobilfunk ist besonders in ländlichen Regionen weiterhin oft nicht sehr leistungsstark – und darüber hinaus kostspielig. „Man muss ein Optimum finden“, erklärt ATB-Ingenieur Christian Wolff. „Was sind wichtige Daten? Und zu welchen Kosten sind sie für die Anbieter von Diensten noch interessant?“
Kachelmann-Gruppe entwickelt neue Wetter-Dienstleistungen
Ein solcher Anbieter ist beispielsweise die Meteologix AG, ein Unternehmen des prominenten Wetterexperten Jörg Kachelmann. Der Wetterdienstleister beteiligt sich an dem Projekt, das von der EU im Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ gefördert wurde, um Wetterdaten nicht nur dort erheben zu können, wo sich stationäre Beobachtungseinrichtungen befinden. Durch die Nutzung von Autos als mobile Messstationen ergibt sich ein wesentlich dichteres Netz mit entsprechend präziseren lokalen Vorhersagemöglichkeiten.
Als Nachfolgeprojekt von „AutoMat“ ist mittlerweile „Cross CPP“ (Ecosystem for Services based on integrated Cross-sectorial Data Streams from multiple Cyber Physical Products and Open Data Sources) gestartet, das durch ATB koordiniert wird. Hier geht es darum, weitere Branchen – über die Automobilindustrie hinaus – in den Big-Data-Marktplatz einzubinden. Insbesondere der „Smart-Home“-Bereich steht dabei im Fokus, also die Anbieter von vernetzten und intelligenten Haushaltsgeräten und -steuerungen. Gleichzeitig werden auch die technologischen Möglichkeiten erweitert: Die Beteiligten entwickeln „Werkzeuge“ für die Analyse von großen Datenmengen, die auf dem Big-Data-Marktplatz bereitgestellt werden, damit auch Interessenten ohne entsprechende eigene Infrastruktur oder eigenes Know-how umfassende Auswertungen vornehmen können, beispielsweise junge Start-ups.
Die Projektbeteiligten legen dabei höchsten Wert auf Datensicherheit und Datenschutz. Die Besitzer und Benutzer der Fahrzeuge und Smart-Home-Lösungen sollen deshalb befähigt werden, selbst zu entscheiden, welche Daten sie für welchen Servicedienstleister zur Verfügung stellen. Um eine Manipulation der weitergeleiteten Daten zu verhindern, werden diese signiert und überprüft. Als Anreiz für eine Datenbereitstellung sind verschiedene Modelle denkbar – von einer Bezahlung bis zur Nutzung attraktiver Services.
Unterstützung für Bremer Unternehmen
Das Institut ATB, das im Technologiepark Bremen angesiedelt ist, übernimmt oder unterstützt innerhalb der Projekte die operative und wissenschaftliche Projektkoordination. Darüber hinaus werden weitere Leistungen wie die Entwicklung von innovativen Softwarelösungen unterstützt und durchgeführt. Bremer Unternehmen aller Größenordnungen, die sich für die Entwicklung und Erprobung vergleichbarer Geschäftsmodelle und Technologien interessieren, steht ATB als Partner zur Verfügung – ein zentrales Ziel des Instituts ist die Stärkung der Innovationskraft in der Region.
Weitere Informationen:
www.atb-bremen.de